Im Rahmen des Volkstrauertages 2023 sprachen zwei CDU Ratsmitglieder bei den Kranzniederlegungen in Herzebrock und Clarholz. Gerne kommen wir der Bitte nach und veröffentlichen die Redemanuskripte.
Volkstrauertag 2023, Herzebrock, Gisela Ginten-Hoffmann:
„Krieg bringt nur Schrecken und Verzweiflung“ dieser Satz vom Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky ist heute genauso aktuell wie vor 100 Jahren.
Sehr geehrte Damen und Herren,
78 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges,
21 Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine,
6 Wochen nach dem Terrorangriff der Hamas auf die Bevölkerung Israels stehen wir am Volktrauertag hier, um der Opfer von Krieg, Terror und Gewalt zu gedenken.
Nach wie vor ist Gewalt weltweit verbreitet, um andere - einzelne Menschen, Gruppen oder Staaten - zu unterdrücken, ihnen im Namen von Nation, Volk, Rasse, Religion oder Ideologie den eigenen Willen aufzuzwingen.
Wir dürfen nicht wegschauen, als ginge uns das nichts an.
Der Volkstrauertag ist ein Tag der Mahnung, gegen das Vergessen. Die Erinnerung an die unzähligen Toten der beiden Weltkriege und der Opfer von Terror und Gewalt mahnt uns, Verantwortung zu übernehmen für eine Zukunft in Frieden und Freiheit.
Diese Verantwortung wurde von vielen engagierten Menschen in Europa nach dem 2. Weltkrieg übernommen. Beispielhaft nenne ich die deutsch-französische Annäherung nach 1945. Aus Erzfeinden können beste Freunde werden. Geschichte ist kein Schicksal, es ist möglich, daraus zu lernen.
Heute bestehen mehr als 2200 Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Frankreich.
Auch Herzebrock-Clarholz ist seit 50 Jahren mit Le Chambon-Feugerolles städtepartnerschaftlich verbunden. Persönliche Begegnungen und Freundschaften der Menschen in Europa sind die beste Prävention gegen Nationalismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit.
Doch es braucht mehr als die Abwesenheit von Krieg, um in Frieden zu leben. Die Toten –der vergangenen wie der aktuellen Kriege- zeigen uns, wie fragil der europäische Frieden ist und wie wichtig es ist, sich aktiv gemeinsam für den Frieden in der Welt zu engagieren.
In Zeiten der Desinformation und der Geschichtsverdrehung ist eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur grundlegend.
Denn nicht beiseite zu stehen, sondern Verantwortung zu übernehmen, ist eine der Lehren unserer eigenen Geschichte.
Nur so können wir die multiplen Krisen unserer Zeit, allem voran Krieg, Terror und Gewalt lösen.
Gemeinsam tragen wir die Verantwortung für eine Zukunft in Frieden und Freiheit.
Der Volkstrauertag ist ein Tag der Erinnerung und des Gedenkens: der Erinnerung an Krieg, Terror und Gewalt und des Gedenkens an die Toten.
Wir verneigen uns in Trauer vor ihnen und bleiben ihnen verbunden in der dauerhaften Verpflichtung für Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit.
„Krieg bringt nur Schrecken und Verzweiflung.“
Volkstrauertag 2023, Clarholz, Annika Mainka
Warum sind wir heute hier? Ist ein Format wie der Volkstrauertag nötig? Hängen wir mit dem Volkstrauertag zu viel in der Vergangenheit? Das sind Gedanken, die mir in Vorbereitung auf den heutigen Tag gekommen sind.
Ich bin 25 Jahre alt. In den letzten 25 Jahren hat weder Deutschland noch ich einen Krieg erlebt. Meine Eltern haben keinen Krieg erlebt und meine Großeltern nur in jungen Jahren mit vagen Erinnerungen. Sollten wir, statt vergangenes zu betrauern, nicht lieber die Gegenwart schätzen und die Zukunft gestalten? Gemeinsam daran denken, wie gut wir es haben? Wie schön es ist in Frieden und Freiheit zu leben?
Daran denke ich nicht oft. Ich denke, wahrscheinlich viel zu selten darüber nach wie glücklich ich mich schätzen kann. Wie schön es ist frei meinen Weg zu gehen. Wenn ich an mein Leben in 5 Jahren denke, findet Krieg und Gewalt in meinem Umfeld nicht statt.
Und dann fiel mir auf: Ich weiß, dass meine Situation gut ist. Und das weiß ich, weil es eben andere Situation gab, weil es andere Situationen auf der Welt gibt.
Wir gedenken der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Ø Gewalt und Krieg produzieren unvollendete Geschichten. Gewalt und Krieg beenden Menschenleben. Soldaten, Gefangenen, Einsatzkräften, Vertriebene - Menschen mit Namen und Geschichte.
Durch das Gedenken an diese Menschen erinnern wir an schlechte Zeiten. Die Erinnerung steht wie eine Warnung über uns: So soll es nicht sein! So darf es nicht wieder werden!
Wir halten Inne und denken darüber nach, was Menschen anderen Menschen antun können. Aus Hass, Vorurteilen und Verblendung.
Hass und Gewalt bestimmen auch heute wieder den Alltag vieler Menschen auf der ganzen Welt. Blinde Wut auf den Anderen trifft auf Angst vor dem Anderen. Verzweiflung trifft auf Neid. Hass auf Gewalt und Krieg.
Neigen wir vielleicht zu Gewalt und Hass?
Ist es nicht ironisch, dass wir heute den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft gedenken. Gedenken, weil uns bewusst ist, wie traurig ihre Geschichten sind. Und dennoch immer wieder dieselben Fehler machen?
Daher verbringen wir den heutigen Tag in Gedenken an die zahlreichen Opfer von Krieg und Gewalt. In Clarholz, Herzebrock Deutschland und auf der ganzen Welt.
Der Volkstrauertag ist nötig, um uns und alle Menschen immer wieder zu erinnern, was verhindert werden muss! Wir müssen uns daran erinnern, dass Frieden nicht selbstverständlich ist. Das Gewalt im Kleinen beginnen kann und wir alles dafür tun müssen, um mehr gemeinsam durch das Leben zu gehen. Mitgefühl, Respekt und Achtung voreinander sind die Grundlage für ein gutes Miteinander. Dafür müssen wir Verständnis zeigen. Anderen Menschen helfen, uns helfen lassen. Dinge vielleicht hinterfragen, aber auch Vertrauen in Menschen und Entscheidungen zeigen.
Ich möchte mich heute auch daran erinnern, dass der Volkstrauertag nur möglich ist, weil auf Krieg Frieden folgte. Und dass er damit eine Erinnerung ist, dass Frieden möglich ist und Gewalt enden kann.
Und damit ist die Antwort: Der Volkstrauertag ist ein Gedenken an die Toten der Vergangenheit und eine Mahnung für die Lebenden der Gegenwart.
Danke sehr.